3/366: Verteidigungsminister Peter Pilz

Im Jänner 1990 wiegt Peter Pilz in der Grün-alternativen Monatszeitung, kurz „MOZ“, Opposition und Koalition gegeneinander ab und verrät, womit er persönlich zu locken wäre. Titel des Beitrags: „Mein Verteidigungsministerium – und sonst gar nichts“. Pilz ist zu diesem Zeitpunkt grüner Nationalratsabgeordneter und Mitglied des Landesverteidigungsrates.


 

schwarz-weiß-Portraitphoto eines lachenden jungen Mannes
Peter Pilz 1990 in der MOZ. Foto: UrheberIn nicht angegeben.

//zitat// Vor einem Jahr wollten alle – oder zumindest die Medien – nur eines von uns wissen: Wie tot sind die Grünen? Inzwischen haben wir unser erfolgreichstes Jahr hinter uns. Jetzt kommt die Gegenfrage: Mit wem werden es die Grünen treiben?
Das ganze nennt sich „Koalitionsfrage“. Wer sie stellt und wie sie gestellt wird, zeigt uns, wie ernst wir genommen werden.
Natürlich geht es für Grüne nicht nur um Gegenmacht, sondern letzten Endes auch um die Macht, die Gesellschaft ökologisch, sozial und demokratisch verändern zu können. Natürlich heißt das auch Regierungsbeteiligung. Aber das wird eigentlich von fast niemandem bei uns mehr bestritten.

Bleibt eigentlich nur noch eine Frage: Mit wem sollen wir regieren? Schwarz-Grün hat wohl wenig Zukunft. Die Chance, daß sich die ÖVP von ihrer Mutter, der Industriellenvereinigung, abnabelt, ist vernachlässigbar gering. Der historisch erste Fall von politischer Mutterweglegung wird auch diesmal auf sich warten lassen.
Rot-Grün? Österreich ist nicht Berlin, und Vranitzky schon gar nicht Momper [Franz Vranitzky, 1986 bis 1997 Bundeskanzler; Walter Momper, 1989 bis 1991 Regierender Bürgermeister von Berlin; Anm.]. Die neue, moderne SPÖ hat sich an die Spitze des großen Projekts der Industrialisierung aller Lebensbereiche gesetzt. Gen- und Biotechnologien, Industrialisierung sowohl der Landwirtschaft als auch der geistigen Arbeit, Schutz der Maschinen vor den Menschen, Hochsicherheitstrakte für alle, an diesen Weggabelungen zieht die SPÖ konsequent in die falsche Richtung. Für Koalitionen mit der neuen SPÖ gibt es eine einzige unabdingbare Voraussetzung auf Seite der Grünen: Die totale politische Selbstaufgabe.

Bleibt uns die Opposition. Das ist gar nicht so wenig. Alle wichtigen Reformen sind in den letzten Jahren von uns – von BürgerInneninitiativen und von Grünen – erzwungen worden. Wenige Tage vor dem 12. März war die Tiroler Nacht für Streicher [Rudolf Streicher, Bundesminister für Öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Anm.] noch Lasterzeit. Wenige Tage nach der Landtagswahl wurde dem Laster abgeschworen. In der Energiepolitik, im Kraftwerks-Patt, bei PVC und Asbest läuft es ebenso. Harte, klare Opposition kann derzeit mit Sicherheit mehr verändern als das Mitmachen um jeden Preis.
Daher werden wir nach der nächsten Nationalratswahl in Opposition bleiben. Vielleicht gibt es eine schwarz-blaue Koalition. Und vielleicht bildet sich in der SPÖ eine Alternative zu Vranitzky & Co. heraus. Zu sehen ist davon derzeit allerdings noch nichts.

Natürlich bin ich zu einer Ausnahme bereit. Wenn mir die SPÖ das Verteidigungsministerium zur völlig freien Verfügung anbietet, werde ich schwach werden. Ich werde Ja sagen. Da bin ich zu allem bereit. //zitatende//

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