182/366: Die Fans vom anderen Ufer. Homophobie im Fußball

Fans vom anderen Ufer. Broschüre der Wiener Grünen
Fans vom anderen Ufer. Broschüre der Wiener Grünen

Unser heutiges Archivfundstück haben wir passend zur Fußball-Europameisterschaft ausgewählt: 2006 veröffentlichten die Wiener Grünen eine Broschüre zum Thema Homophobie im Fußballsport. Marco Schreuder, damals Wiener Gemeinderat und Sprecher der Grünen Andersrum, in seinem Vorwort: „Bei der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland werden wieder Millionen Menschen weltweit gebannt die Spiele verfolgen, bis feststeht, wer sich Weltmeister nennen darf. Fußball wird das Hauptthema in Büros, in Familien, unter Nachbarinnen und auf den Straßen sein, die Welt scheint nur noch ein einziges Gesprächsstoff kennen. Für Lesben, Schwule und TransGender gilt die Welt rund um die angeblich ‚bedeutendste Nebensache der Welt‘ aber immer noch als eine, zu der sie nicht gehören können, wollen oder zu der sie keinen Zugang finden. Und wenn sie dazu gehören, wird die sexuelle Orientierung lieber versteckt. Das gilt für Fans und für SpielerInnen“.

Download der gesamten Broschüre: 182-fans-vom-anderen-ufer (PDF, 5 MB)

Im Blog bringen wir den Beitrag „Fußballfans sind keine besseren Menschen“ von David Ellensohn. Ein Zitat daraus zum Einstieg: „Wenn Fanblöcke rassistische Reime schmettern, dann wendet sich manch manierliches Bürgerkind mit Grausen ab. Wenn hingegen die derzeitige Bundesregierung die Asylgesetze verschärft, fehlt bei eben diesen die notwendige schonungslose Kritik“.


// Fußballfans sind nationalistisch, rassistisch, antisemitisch und homophob. Auch. Fußballfans sind wie Politiker und Politikerinnen, sind wie Lehrlinge, sind wie Studierte. Im österreichischen Parlament sitzen Rassisten, im Bundesrat versitzen Holocaust-Verharmloser ihre wertlose Zeit, Regierungsmitglieder treten offen gegen gleiche Rechte für Schwule und Lesben auf. Aber wenn sich in Fußballstadien nicht nur freundliche, weltoffene, tolerante Menschen die Zeit vertreiben, dann schaut so manche und so mancher pikiert und trägt ein überraschtes Gesicht zur Schau. Im österreichischen Parlament sitzen Anti-Rassisten, im Bundesrat wird das Verharmlosen des Holocaust angeprangert und irgendwann werden nicht nur spanische und holländische Regierungsmitglieder offen für gleiche Rechte von Schwule und Lesben eintreten. Fußballfans sind wie Politiker und Politikerinnen. Fußballfans denken international, antirassistisch, antifaschistisch und setzen sich für Schwule und Lesben ein. Auch.

Ich bin Fußballfan

Ich bin Fußballfan, drücke dem FC Liverpool des öfteren auch live an der Anfield Road die Daumen, pilgere ins Happelstadion, um Hickersbergers Schützlingen auf die Beine zu schauen und zittere bei der WM einmal mehr ergebnislos mit meinem Mutterland England mit.

Als Fan bin ich zwei Dinge leid: Zum einen geht mir die selbstherrliche Kritik an Fußballfans von Menschen, die noch nie in einem Stadion waren, wirklich auf die Nerven. Wenn Fanblöcke rassistische Reime schmettern, dann wendet sich manch manierliches Bürgerkind mit Grausen ab. Wenn hingegen die derzeitige Bundesregierung die Asylgesetze verschärft, fehlt bei eben diesen die notwendige schonungslose Kritik. Zum anderen ärgert mich aber auch der laxe Umgang mit „Fans“, die sich am Fußballplatz als erstes und nahezu einziges mit „Schwule Sau“ und „Schwarze Sau“ artikulieren können.

Fußballvereinsfunktionäre drücken oft ein Auge zu, freuen sich, dass Tickets verkauft werden, und reden das Problem klein.

Ich lehne Rassismus und Homophobie ab

Ich lehne Rassismus und Homophobie in der Gesellschaft ab. Ich lehne Rassismus und Homophobie im Fußballstadion ab. Es muss möglich sein, dass in einem Stadion gesungen, ja gegrölt wird, aber es muss auch möglich sein, dass ich ein Spiel ohne Affenlaute und Bananenwerferei verfolgen kann. Und es tut sich viel am Platz. Initiativen und Organisationen wie „football against racism in Europe“ (fare), die Österreich-lnitiative Fairplay (www.fairplay.or.at) und die UEFA-Kampagne „Unite against racism“ zeigen, dass Rassismus als Problem erkannt und auch bekämpft wird. Noch immer nicht ausreichend, noch immer nicht mit den nötigen Konsequenzen, aber es sind sehr viel mehr als nur erste Schritte gesetzt worden.

Nachholbedarf

Viel Nachholbedarf gibt es hingegen noch rund um Homophobie. Fußballer, die sich outen sind mehr als eine Seltenheit. In den Topligen Europas gab es bisher nur einen einzigen Fußballer, der sich selbst in seiner aktiven Zeit geoutet hat. Ein wesentlich offeneres Bild präsentiert der Amateurbereich. Bei den „Gay Games 2006“ in Chicago werden dutzende Teams auflaufen. In England sind beim größten Stonewall FC bereits 120 Aktive gemeldet und der London’s Gay Football Club spielt in einer straighten Unterliga.

Neben der Gay Community kümmert sich in England auch die offizielle FA, die Football Association, um das Problemfeld Homophobie am Fußballplatz. Die Vorzeigekampagne „Football for all“ hat Rassismus und Homophobie als zentrale Probleme auf dem Platz und auf den Fanrängen ausgemacht und unternimmt große Anstrengungen, um die Situation zu verbessern. Die European Gay and Lesbian Sport Federation (EGLSF) lobt die Kampagne in den höchsten Tönen und die UEFA, der spanische und der holländische Verband haben bei den Engländem um Unterstützung für ähnliche Kampagnen angefragt.

Bleibt zu hoffen, dass sich bis zur Europameisterschaft 2008 auch der Österreichische Fußballbund (ÖFB) schlau macht… //


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