„Der Bauer ist kein Spielzeug“, betitelte der Nationalratsabgeordnete und Agrarsprecher Andreas Wabl seinen Text für eine Broschüre des Grünen Bauernbundes, die sich mit der österreichischen Landwirtschaft und der Europäischen Gemeinschaft beschäftigte. Seine Forderung, dass internationale Abkommen den fairen Welthandel absichern sollten, ist in Zeiten von CETA und TTIP mehr als aktuell.
Strukturanpassung, Delikatessenladen, Überschußverwertung, Herausforderung, Protektionismus, Fischler, GATT, EG, Direktzahlungen, Ökoleistungen und Einkommenseinbußen —einmal eine Milliarde, dann 5 Milliarden und plötzlich 8 Milliarden — all diese Schlagworte geistern herum!
Es ist merkwürdig, in einer Welt zu leben, in der einer Berufsgruppe ununterbrochen erzählt wird, daß sie Einkommenseinbußen hinnehmen wird müssen, daß 50% der Betriebe voraussichtlich zusperren werden und daß die Zeit in einem Wandel begriffen ist.
Internationale Abkommen für fairen Welthandel
Selbstverständlich wäre es wunderbar, wenn in allen gesellschaftlichen Bereichen die Ökologisierung voll einsetzen würde. Jeder Bauern und jede Bäuerin würde sich gemeinsam mit Fachleuten zusammensetzen und für ihren Betrieb ein angepaßtes Ökologisierungskonzept entwerfen. Für schwierige Phasen der Entwicklung würde die Gemeinschaft finanzielle und andere Hilfe gewähren. Die gewählten Mandatare, Gemeinderäte, Abgeordneten und Regierungsmitglieder sorgten für die geeigneten gesetzlichen Rahmenbedingungen, und internationale Abkommen würden den fairen Welthandel absichern —dieser Wandel, der täte not.
Würde das Gerede von der CO2-Belastung ernst genommen werden, die Frage der Grundwasserbelastung redlich erörtert, das Artensterben von Pflanzen und Tieren Trauer verursachen und die gesundheitliche Gefährdung und Überarbeitung vieler bäuerlicher Menschen ein echtes Anliegen sein — die Preise müßten dramatisch steigen. Aber Ökodumping ist weiter angesagt und die wichtigsten Produktionsmittel sind nach wie vor weltweit in der Landwirtschaft Düngemittel, mit Hilfe von Erdgas produziert, und Pestizide.
Landschaft für gestresste Städter?
Die auf uns zukommende Entwicklung läuft darauf hinaus, daß der Bauer nicht mehr auf die Wiese geht, um Futter für seine Tiere zu holen, sondern um die „Landschaft zu pflegen“ und den gestreßten Städtern ein gewohntes Bild zu bieten. Auf der einen Seite soll industrielle landwirtschaftliche Produktion mit allen negativen ökologischen und sozialen Konsequenzen betrieben und auf der anderen die heile Welt vorgegaukelt werden. Mit der Degradierung zum Landschaftspfleger schreitet die Entwürdigung voran und es gerät immer mehr in Vergessenheit, daß der Bauer und die Bäuerin unser aller LEBENSmittel erarbeiten und daß sie dies nur dann auch noch in hundert Jahren tun können, wenn sie in unserem Zeitalter überleben können.
Stattdessen ist der Kampf um die Absatzmärkte angesagt, gibt es Vorbereitungen auf einen Markt, der an eine große Schlacht erinnert. Den österreichischen Bauern wird erzählt von den großen italienischen Märkten. Die bayrischen Bauern rüsten für den österreichischen Markt. Die australischen Farmer und jene in den USA denken an Europa und mit erhobenem Zeigefinger wird nach Osteuropa gedeutet, das bald mit seinen Billigprodukten auf die westlichen Märkte drängen könnte. Kostendeckend kann kaum irgendwo gearbeitet werden. Manche kommen auf ihre Kosten auf Kosten anderer. Kosten-wahrheit ist nur ein Schlagwort, daß nicht ernst genommen wird — wie sonst könnte man davon sprechen, daß die landwirtschaftlichen Produkte wesentlich billiger werden sollen?
Landschaft als Produkt
Der Mut und die Kraft zum notwendigen Wandel fehlen und die Regierung hängt sich ängstlich an ein großes Machtgefüge. Weil man glaubt, politisch höhere Preise nicht mehr durchsetzen zu können, versucht man nun, als Produkt zu verkaufen, was früher als „Abfallprodukt“ im positiven Sinne für die Gesellschaft im landwirtschaftlichen Produktionsablauf anfiel, nämlich Landschaft: Wiesen, Weiden, Wälder.
Gefragt sind nicht mehr so sehr die Lebensmittel Getreide, Milch, Gemüse oder Obst, sondern die mit der Produktion verbundenen Folgewirkungen, welche die in einem jahrhundertelangen Prozeß entstandene Kulturlandschaft geprägt haben: Ein Bauer, der seine Tiere auf die Weide treibt, sorgt für eine Almen- und Wiesenlandschaft. Obstanbau bewirkte eine Vielfalt der Baumarten und Landschaftsstrukturen. Pflanzenbau hat uns die bunte Vielfalt während der verschiedenen Jahreszeiten auf unseren Äckern beschert. Der bäuerliche Betrieb, welcher viele einzelne Erwerbsbereiche kennt und kannte, hat zur Vielfalt von Fauna und Flora entscheidend beigetragen.
Ökonomie und Ökologie
Ich bin der Auffassung, daß wir in Österreich alle Bauern brauchen, wenn sie ökologisch produzieren wie es mehrheitlich auch die Konsumenten wünschen. Es müssen aber auch die Rahmenbedingungen so gesteckt sein, daß es wirtschaftlich möglich ist, ökologisch richtig zu handeln.