„Die wilde, ungeordnete, planlose Verbauung unserer Gemeinden ist nicht nur baukulturell und landschaftlich verwerflich, sie bringt den Gemeinden und jedem einzelnen auch ernste wirtschaftliche Nachteile“, konstatierte der Architekt Franz Schuster beim 8. österreichischen Städtetag. Sein Beitrag „Ökonomie und Schönheit in der Ortsentwicklung“ wurde im Amtsblatt der Stadt Wien vom 2. Jänner 1952 abgedruckt. Schon vor über sechzig Jahren wurden die Zersiedelung und die Bodenversiegelung durch falsche Raumordnung kritisiert – traurig, dass sich daran nicht viel geändert hat…
//zitat// Die wilde, ungeordnete, planlose Verbauung unserer Gemeinden ist aber nicht nur baukulturell und landschaftlich verwerflich, sie bringt den Gemeinden und jedem einzelnen auch ernste wirtschaftliche Nachteile. Gutes Bauernland wird immer öfter der ernährungswirtschaftlich wichtigen Bearbeitung entzogen und die willkürliche Einzel- und Streifenparzellierung, zufällig dort, wo ein Grundstück gerade verkauft wird, erfordert kostspielige Aufschließungen an Straßen, Licht, Wasser, Kanal usw., ganz abgesehen davon, daß die Bewohner solcher Streusiedlungen weite Wege zur Arbeitsstätte, Schule, zu den Läden und zu den öffentlichen Gemeinschaftseinrichtungen der Gemeinde haben. Zwischen solchen im Weichbild der Städte und Dörfer planlos hingewürfelten Bauten und Hausgruppen liegt aber oft jahrzehntelang Bauland brach, weil es zur rechten Zeit und zum rechten Zweck nicht zur Verfügung steht, da die Besitzer es nicht verkaufen. So entsteht jene wirtschaftlich ganz gefährliche Entwicklung, daß Bauwillige, die in der Nähe des Ortes keinen Baugrund finden oder nur zur unbillig hohen Preisen, immer weiter in die landwirtschaftliche Umgebung hinausgedrängt werden, wo doch gelegentlich ein Bauer, der den Schaden nicht übersieht, der dadurch der Landschaft und Umgebung entsteht, Streifen Landes billig hergibt.
Diese überall sichtbare Auflösung unserer Gemeinden ist aber zugleich ein äußeres Bild der Auflösung der menschlichen Gemeinschaft selbst: je weiter weg vom Ortskern und je einsamer einer wohnt, desto mehr löst er sich aus der gemeindlichen Zusammengehörigkeit, desto stärker wird ein asoziales Empfinden gefördert. //zitatende//
der gesamte Text zum Download: 077-amtsblatt-1952-schuster-ortsentwicklung (PDF, 5 MB). Quelle: Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftensammlung, Signatur B-25107)