Au(s)verkauf! – Fundstück des Monats 12/24

120 000 Menschen kauften im Jahre 1989 insgesamt 411 Hektar Auwald. Für nur 20 Schilling, das entspricht heute in etwa €3,29, erhielt man schon einen Quadratmeter Land.

Gab es nun einen Immobilien-Boom in der Au? Und das nur fünf Jahre nachdem das Kraftwerk Hainburg erfolgreich verhindert werden konnte?

 

Am 28. April 1983 wurde zum ersten Mal der Plan zur Errichtung eines neuen Donaukraftwerkes in der Nähe von Hainburg präsentiert. Das Projekt versprach günstigen Strom für Wien und etliche Arbeitsplätze. Den Preis dafür hätten jedoch die Natur und das diverse Ökosystem der Au gezahlt. Ein Jahr später formierte sich mit dem Konrad-Lorenz-Volksbegehren und der Pressekonferenz der Tiere der Widerstand von Umweltschützer:innen aller politischer Ausrichtungen gegen das Projekt.

 

Spätestens am 6. Dezember 1984 waren allerdings alle rechtlichen Hürden beseitigt und der Bau sollte beginnen.

Am Samstag, den 8.12.1984 marschierten etwa 5000-8000 Menschen im Rahmen des „Sternmarsches“ zum Bauplatz in der Stopfenreuther Au.

 

Am darauffolgenden Montag rollten die Baumaschinen an, doch hatten sich mehrere hundert Menschen in insgesamt vier Protestcamps zusammengefunden, um gemeinsam für den Erhalt der Au zu protestieren und die Bauarbeiten zu verhindern.

Das Gebiet wurde daraufhin zum Sperrgebiet erklärt und es kam immer wieder zu Konfrontationen zwischen Gendarmerie und Au-Beschützer:innen.

Die Versuche der Regierung, die Demonstrant:innen „auszuhungern“ scheiterten, da diese eine große Zahl an Lebensmittelspenden erhielten.

 

Am 15.12.1984 trat Bundeskanzler Sinowatz in der TV-Show „Wetten, dass…?!“ auf. Aktivisten der Umweltschutzorganisation Robin Wood stürmten die Bühne und rollten ein Transparent aus. Als sie vom Sicherheitspersonal entfernt werden sollten, schritt Moderator Frank Elsner ein und bot den Aktivisten eine Chance zum Dialog.

 

Am 19.12.1984 ging die Polizei mit extremer Härte gegen die Au-Beschützer:innen vor. Mit Knüppeln, Hunden, Feuerwehrschläuchen (trotz Minusgraden) und Stacheldrahtzaun versuchten die Gendarmen das Gebiet zu räumen. Bevor die Situation gänzlich zu eskalieren drohte, lenkte Sinowatz ein und verkündete am 21.12.1984 den sogenannten „Weihnachtsfrieden“. Im Jänner des folgenden Jahres verkündete die Regierung dann eine „Nachdenkpause“, die in der Einstellung des Projektes endete.

 

Nach diesem Sieg der Umweltschützer:innen gab es Bestrebungen, den Auwald zwischen Wien und Hainburg als Nationalpark zu schützen.

Das Fundstück des Monats Dezember ist ein sogenannter Au-Anteil-Schein des WWF. Die NGO sammelte hierbei Geld, um möglichst viel Auwald „freizukaufen“. Den jeweiligen Anrainer:innen stand nämlich Parteienstellung zum geplanten Projekt zu, und mit dem Ankauf größerer Flächen konnte man die Position zur Einrichtung eines Nationalparks stärken. Hatte man Geld gespendet, konnte man sich selbst einen Au-Anteilschein ausfüllen – und diesen auch verschenken: Der vorliegende Schein wurde Herrn o.Univ.Prof. Noller von seinen Kollegen am Institut für physikalische Chemie der Technischen Universität Wien geschenkt.

 

 

 

 

 

 

Obwohl der Nationalpark seit 1996 besteht, ist die Au noch immer umkämpft: Zahlreiche junge Menschen besetzten im Jahr 2021 die Lobau in Wien, um die Untertunnelung des Naturschutzgebietes zu verhindern. Nach einem bewegten Jahr mit Anwaltsbriefen an Kinder, Brandanschlägen und der Räumung des Protestcamps wurde der Bau des „Lobautunnels“ von Bundesministerin Leonore Gewessler vorerst gestoppt. Wie es hier unter der neuen Bundesregierung ab 2025 weitergeht, wird die Zukunft zeigen.

 

(TM, 17.12.2024)

 

Newsletter Anmeldung

Damit du in Zukunft keinen Termin in deiner Region oder mit deinem Schwerpunktthema verpasst, melde dich zu unserem Newsletter an.

Im zweiten Schritt kannst du nach deinen Interessen bzw. Wohnort die Einladungen zu unseren Veranstaltungen individualisieren

Inhalte:

Login