Was haben Indianer mit Zwentendorf zu tun? Was ist der Hintergrund dieses Plakats? Am 15. Juni 1984 wurde in der Volkshochschule Wien-Margareten der Film „Sacrifice Area“ (deutsch: „Das geopferte Land“) von den niederländischen Dokumentarfilmern Ernie Damen und Otto Schuurman vorgeführt.
In den „Black Hills“ (Pahá Sápa) im US-amerikanischen Bundesstaat South Dakota wurden Kohle und Uranium abgebaut. 1972 erklärte Präsident Richard Nixon diese Region zur „National Sacrifice Area“, also einem Landstrich, der „geopfert“ wird zugunsten der Atomenergie – der sowohl durch den Verbrauch der Wasservorräte für die Industrie als auch durch die nukleare Verseuchung nicht mehr bewohnbar ist. Diese Gegend wird aber von den hier ansässigen Lakota-Indianer_innen als heiliger Ort betrachtet und war ihnen im Vertrag von Fort Laramie aus dem Jahr 1868 zur Gänze zugeschrieben worden.
Dieser Dokumentarfilm wurde 1980 gedreht und 1981 uraufgeführt. Er illustriert die negativen Auswirkungen des Bergbaus auf die lokale Bevölkerung – auf die Lakota-Indianer und auf die weißen Farmer. Außerdem wird der anhaltende Widerstand von Umweltorganisationen und Einheimischen gezeigt (Quelle: British Film Institute).
Opfer des Uranabbaus
//zitat// Der Film SACRIFICE AREA handelt von diesen Opfern, die es überall gibt, wo Uran und Kohle abgebaut werden: in Namibia, Australien, Kanada, Europa und in Amerika. SACRIFICE AREA konzentriert sich auf die USA, weil sich wahrscheinlich nirgendwo auf der Welt ein deutlicheres Beispiel für die gegensätzlichen Interessen von einheimischer Bevölkerung und westlicher Energielobby finden läßt. Bestimmend für das Thema von SACRIFICE AREA ist die Überschneidung zweier historischer Linien. Die eine Linie ist die Geschichte der Indianer Nordamerikas; die andere die der weißen Eroberer, die sich der Erde bemächtigen und sie ausbeuten. Im Schnittpunkt dieser beiden Linien liegen die „Black Hills“, ein herrliches Naturgebiet in South Dakota.
Der weiße Mann hat in der Geschichte der Indianer immer eine blutige Rolle gespielt; er hat sie vertrieben, mit seinem Alkohol vergiftet, er hat sie gedemütigt und vergewaltigt. Er hat darüber hinaus ihre Kultur gestohlen, sie getötet und die Überlebenden gezwungen, in entlegene, unfruchtbare Reservatsgebiete zu ziehen. Und nun sind es erneut die Indianer, die den Interessen der Weißen geopfert werden. Sie werden aus ihren Gebieten vertrieben, weil sie „große Energievorräte“ enthalten. Erde und Wasser werden durch verantwortungslose Abbaumethoden zur Urangewinnung verseucht und vergiftet. Immer mehr Indianer sterben an Krebs, Leukämie und anderen Krankheiten. Die Zahl der mißgebildeten Babys und Fehlgeburten ist in manchen dieser Minenstädte viertausendmal (4.000) höher als im Bundesdurchschnitt. //zitatende//
(Quelle des Zitats: 12. Internationales Forum des jungen Films Berlin, 1982)
World Uranium Hearing in Salzburg
Im September 1992 wurde in Salzburg das „World Uranium Hearing“ abgehalten, wo Vertreter_innen der weltweiten Anti-Atomkraft-Bewegung die Gefahren schilderten, die vom Uranabbau für Gesundheit und Umwelt ausgehen. Die Beiträge wurden im von der Grünen Bildungswerkstatt Salzburg unterstützten Sammelband „Der Tod, der aus der Erde kommt“ veröffentlicht (nachzulesen im Grünen Archiv).
James Garrett, Umweltjurist und Aktivist der Black Hills, schrieb damals:
Der nukleare Brennstoffkreislauf in den USA beginnt und endet in der Heimat der Indianer. Sie kommen, graben das Uran aus und machen damit, was sie wollen. Den Leuten in Europa erzählen sie, das wäre eine tolle, saubere Industrie, und damit ließe sich die Welt retten. Doch währenddessen klopfen sie wieder bei uns an, weil sie nicht wissen, wo sie das verdammte Zeug sonst für ewige Zeiten lagern können.
Ja zur Kernkraft – ja zum Völkermord?
Wäre Zwentendorf oder ein anderes Atomkraftwerk in Österreich ans Netz gegangen und Uran, das unter diesen Bedingungen gewonnen wurde, verwendet worden, hätte dann das „Ja zur Kernkraft“ auch ein „Ja zum Völkermord“ bedeutet, wie auf dem Plakat zur Filmvorführung gefragt wird?
Zum Weiterlesen
- Defenders of the Black Hills („a group of volunteers, without racial or tribal boundaries, whose mission is to ensure that all of the provisions of the Fort Laramie Treaties of 1851 and 1868 are upheld by the federal government of the United States“)
- Treaty of Fort Laramie – National Archives („In this treaty the United States recognized the Black Hills as part of the Great Sioux Reservation, set aside for exclusive use by the Sioux people“)
- Treaty of Fort Laramie (1868) – Wikipedia
- Das unterschätzte Problem: Uranabbau – Bund für Umwelt und Naturschutz
- Uranium mining and the Navajo people – Wikipedia
- World uranium hearing – Wikipedia
- Der Tod, der aus der Erde kommt. Zeugnisse nuklearer Zerstörung – Ureinwohner der Erde beim World Uranium Hearing. Herausgegeben von Claus Biegert und Elke Stolhofer. Unterstützt von der Grünen Bildungswerkstatt Salzburg. Salzburg: Pustet 1993 (Grünes Archiv, Inventarnummer 794)
- Poison fire, sacred earth. Testimonies, lectures, conclusions. The World Uranium Hearing, Salzburg 1992. Herausgegeben von Sibylle Nahr. München: World Uranium Hearing 1993 (enthält James Garretts Beitrag in englischer Originalsprache)
- Black Hills – Wikipedia
- Black Hills National Forest -Wikipedia
- Sacrifice Area – 12. Internationales Forum des jungen Films Berlin (1982)
- Sacrifice Area – British Film Institute
- Sacrifice Area – Internet Movie Database