60/366: „Kompetenz nicht gefragt“. Frauen in der Politik 1990

Die steirische Grünpolitikerin Gundi Kammlander schilderte in ihrem Bericht „Kompetenz nicht gefragt“ ihre Erfahrungen als Frau in der Politik – in der eigenen Partei und mit den anderen Parteien. Der Text erschien 1990 in der Zeitschrift „Impuls grün“. Kammlander, von Beruf technische Zeichnerin, war von 1986 bis 1991 Abgeordnete zum steirischen Landtag als Vertreterin der Alternativen Liste in einem Wahlbündnis mit den Vereinten Grünen.


Gundi Kammlander in Impuls Grün 22/1990. UrheberIn: unbekannt.
Gundi Kammlander in Impuls Grün 22/1990. UrheberIn: unbekannt.

//zitat// AIs grüne Frau in abgeordneter Position ist die Konfrontation von besonderer Art- nicht nur, daß unsere politischen Anliegen meistens über die Forderungen anderer Parteien hinausgehen, haben wir auch einen alternativen Anspruch an den Stil der Aus-Einander-Setzungen. Meine Vorstellung von Mitsprache und Aktivität stieß am Anfang beim Großteil der männlichen Kollegen schlicht auf Unverständnis – Bemerkungen wie „Emanze“ und „arrogante Kuh“ sind Ausdrücke der Mißachtung. Immer noch wird für eine bescheidene und zurückhaltende Rolle applaudiert und eine „potente“ Oppositionshaltung abfällig kommentiert.

Frauen können sich in dieser Situation wieder einmal nicht nach eigenen Vorstellungen präsentieren, sondern müssen reaktiv eine Rolle entwickeln, um auf der politischen „Bühne“ reüssieren zu können. Fest steht, daß die „Inszenierungen“ nur langsam von uns Frauen bestimmt und die „Regieanweisungen“ abgeschüttelt werden. Im Krisenfall weichen Männer neuerdings auf die „Wir-brauchen-die-Frauen“ Beschwichtigungsmethode aus.

Die Grüne Alternative hebt ja mit ihrer Frauen/Männer-Parität den Frauen-Anteil in den Entscheidungsgremien an. Frauen bekommen dadurch Öffentlichkeit und werden vielleicht auch – im besten Fall – von den Medien und Parteigranden zu mutigen Vor-Bildern für eigene Parteifrauen stilisiert. Kommt das Prinzip „Teile-und-Herrsche“ zum Tragen bekommt die zarte Pflanze „Frauen-Solidarität“ den nächsten Knacks.

Es müßte uns demnach gelingen eine unabhängige Frauen-Basis zu schaffen, die frei bleibt von männlichen Einflüsterungen bzw. Einflüssen. Hier sollten wir die Antenne auf Empfang stellen und einen klugen Stil für die tägliche Praxis entwickeln. //zitatende//

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