120/366: Die Partei mit dem schwierigen Namen

Schreiben von Pius Strobl an Gerd Bacher (1993).
Schreiben von Pius Strobl an Gerd Bacher (1993).

„Es gibt nahezu keine Informationssendung, in der Mitglieder, Funktionäre oder Mandatare dieser politischen Partei auftreten, in der nicht die unterschiedlichsten Bezeichnungen gewählt würden“, kritisierte Pius Strobl 1993 in einem Schreiben an ORF-Generalsekretär Gerd Bacher. Tja, eine Partei ohne die übliche Abkürzung mit drei Buchstaben hat es offensichtlich schwer, auch nach sieben Jahren im Parlament…


// Seit dem Einzug der politischen Partei „Die Grüne Alternative“ in den österr. Nationalrat im Jahr 1986, habe ich in vielfacher Form den ORF immer wieder darum gebeten, die Bezeichnung der politischen Partei, ihrer Abgeordneten und Funktionäre korrekt und richtig wiederzugeben.

Trotz vielfältiger Zusagen, ist es z.B. dem ORF sogar bei der Nationalratswahl 1990 gelungen, uns eine Kurzbezeichnung „GAL“ zu geben, die wir selbst nicht verwendet haben und die auch nicht am Stimmzettel zu finden war. Es gibt darüberhinaus nahezu keine Informationssendung, in der Mitglieder, Funktionäre oder Mandatare dieser politischen Partei auftreten, in der nicht die unterschiedlichsten Bezeichnungen gewählt würden. Offenkundig ist es innerhalb des großen Unternehmens nicht möglich, eine einheitliche Bezeichnung zu finden und das Namensrecht einer politischen Partei auch dahingehend zu respektieren, daß nur die korrekten und von der Partei auch gewünschten Bezeichnungen in die Öffentlichkeit getragen werden.

Zynisch formuliert könnte man auch sagen, daß wir direkt froh darüber sein müßten, so wenig ORF-Öffentlichkeit zu finden (- ich rede in diesem Zusammenhang nicht über die sg. „Grünen-Themen“, die das Unternehmen in großer Breite betreut), sonst hätten wir inzwischen wohl noch eine Reihe weiterer Bezeichnungen erhalten und im Bewußtsein der Wählerlmen wäre noch mehr an Namenverwirrung gelungen.

Eine der ganz wenigen Sendungen, die sich mit den Inhalten der politischen Partei „Die Grüne Alternative“ beschäftigte, war der letzte Inlandsreport. Wie nahezu immer bei so einer Breite, ging es auch diesmal um „Gegnerschaften“, wie der Titel des Beitrags versprach. Offenbar ist die demokratische Diskussionskultur in diesem Land nicht nur an sich unterentwickelt, sondern auch in den Köpfen vieler so gering verankert, daß inhaltliche Auseinandersetzungen um politische Wegorientierungen nur mehr als „kriegerische Gegnerschaften“ gesehen werden.

Der Grund meines Schreibens liegt aber drin, daß es dem Unternehmen und seinen Mitarbeitern gelungen ist, in einer einzigen Sendung für mich völlig unerklärliche und auch nicht nachvollziehbare Namens- und Funktionsinterpretationen vorzunehmen. Die Rede ist von der nicht vorhandenen Kurzbezeichnung „GAL“, der Funktionsbezeichnung des Herrn Bundessprechers Abgeordneter Peter Pilz als „Bundesgeschäftsführer der GAL und der Grünen“ und der nicht vorhandenen Funktionsbezeichnung „GAL-Umweltsprecherin“. Daß es nebenbei beim Bericht über die Grazer Gemeinderatswahl auch gelungen ist, die älteste Vertretung der Grünen in einen Gemeinderat, die Alternative Liste Graz (ALG) und ihren Mandatsgewinn völlig zu verschweigen, ist tatsächlich nahezu ein Kunststück.

Ich bin der Meinung, sehr geehrter Herr Generalintendant, daß jede politische Partei vom ORF ein Mindestmaß an Fairneß erwarten kann. Stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn FPÖ-Bundesparteiobmann Dr. Jörg Haider und seine Partei mit den gleichen Fehlinterpretationen, Netemsverdrehungen, Weglassungen und Funktionsumkehrungen in der Öffentlichkeit konfrontiert würde. Dann wäre die Unternehmensbeschimpfung und auch berechtigter öffentlicher Protest die logische Folge. Es ist schon seltsam, daß so etwas nie bei der SPÖ, der ÖVP oder der FPÖ passiert, sondern ausschließlich bei der von mir vertretenen Partei „Die Grüne Alternative“.

Ich akzeptiere völlig, daß es in einem so großen Unternehmen und mit so vielen Mitarbeiterinnen schwer ist, einheitliche Spielregeln zu erzeugen. Wir sind allerdings nicht gewillt, uns unser Namensrecht wegnehmen zu lassen und weiterhin zu akzeptieren, daß permanente WählerInnenverwirrung betrieben wird. Wir legen Wert auf z.B. folgende Bezeichnungen:

Die politische Partei „Die Grüne Alternative“.

Die Kurzbezeichnung „Grüne“.

„Die Abgeordnete/der Abgeordnete der Grünen Alternative“.

„Die Landesorganisation der Grünen Alternative“

Die korrekte Funktionsbezeichnung „Bundessprecher der Grünen Alternative, Abgeordneter Dr. Peter Pilz“.

„Bundesgeschäftsführer der Grünen Alternative Peter Altendorfer. “

„Die Klubobfrau der Grünen Alternative Dr. Madleine [sic!] Petrovic.“

„Die parlamentarische Initiative des Klubs der Grünen Alternative.“

Das Wort „Grüne“ dann, wenn die Kurzbezeichnungen für politische Parteien gebraucht werden.

Sehr geehrter Herr Generalintendant, falls erforderlich, bin ich auch gerne bereit, eine Liste mit allen möglichen Redewendungen zu erstellen, sollte sich aus den angeführten keine Analogie ergeben. Ich wäre Ihnen äußerst verbunden, sehr geehrter Herr Generalintendant, wenn es nunmehr nach mehr als 6 Jahren Parlamentszugehörigkeit und noch längerer Zugehörigkeit in Landtagen und vielen Gemeinderäten gelingen würde, das wichtigste öffentliche Medium des Landes davon abzuhalten, unseren Namen, unsere Funktionsträger und damit unsere Identität in der Öffentlichkeit ständig in Verwechslungsnähe zu bringen bzw. durch Mißinterpretationsmöglichkeiten politischen Schaden zu erzeugen.

Ich sehe Ihrer Antwort und Ihren Veranlassungen mit großem Interesse entgegen und verbleibe mit vorzüglicher Hochachtung. //

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