244/366: Tierversuche: Schwein mit sechs Stelzen?

Ob uns die Gentechnik bald ein Zuchtschwein mit sechs Stelzen und acht Schinken beschert, „um die Österreicher noch eher ihrem obligaten Herzinfarkt zuzuführen“? In der BIN, der Zeitschrift der Grünen Alternative Hernals, 4/1987 schrieb J. M. Schiele einen Artikel über die laufenden Entwicklungen und Proteste gegen Tierversuche.


J.M. Schiele über Tierversuche.
J.M. Schiele über Tierversuche.

// Vor kurzem startete eine Gruppe von Wiener Tierversuchsgegnern eine Aktion am Wiener Rathausplatz: Die steinerne Ahnengalerie an den Seiten des Platzes wurde mit Plakaten behängt, auf welchen die Forderungen der Tierversuchsgegner an den Wiener Bürgermeister und die zuständigen Stadträte zu lesen waren: Nämlich sofortiger STOP aller Tierversuche, ein Ende der bestialischen, sinnlosen Quälerei und Metzelei, Achtung auch vor der Würde des tierischen Lebens im Sinne von Humanität, Ethik und Moral.

Die Tierversuchsgegner ließen ein Tonband laufen, daß die grauenhaften Wahnsinns-Schrei[e] von in Labors gequälten Äffchen auf eine Weise durch die städtischen Gärten gellen ließ, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließ…

Thema Tierversuche im ORF

Am 17.3. gab es im ORF eine Sendung zum Thema „Tierversuche“: Frau Prof.  E. Bertschinger, die Chefin der Wiener Tierversuchsgegner-Aktion, stand Rede und Antwort und schlug sich im Kampf gegen Naivität, Borniertheit, Uninformiertheit und Hinterlist ganz wunderbar. Wir würden uns eine solche Sendung im Hauptabendprogramm des Fernsehens wünschen (Argumente?), nur 5x so lang und mit allem bestückt, was in dieser Sache Rang und Namen hat!

Am 4.5. befaßte sich DDr. Günther Nenning als Diskussionsleiter in einem Hörsaal der Wr. Uni mit dem Thema: „Transparenz der Wissenschaft. – Krank durch Tierversuche?“

Enquete der Grünen

Vor einigen Tagen startete im Parlament eine Diskussion um das neue Tierschutzgesetz im Vorfeld der Expertenanhörung durch die Grünen. Auf keinen Fall sollten die Zuständigen aller Farben die über 200.000 Unterschriften vergessen, die zur Forderung des SOFORTIGEN STOPS ALLER TIERVERSUCHE bereits abgegeben wurden! Auf keinen Fall sollte Frau Minister Flemming sich mit den berühmten kleinen Schritten (auch als Salamitaktik bekannt ), die dem Österreicher so besonders liegen, zufriedengeben oder auch nur abgeben! Und auf jeden Fall sollte sie sich ausgiebig informieren lassen und unseren guten Gründen ein offenes Ohr leihen – wir wissen, wovon wir reden! Leider scheint Hr. Wissenschaftsminister Tuppy für solcherlei Lappalien kein Interesse und keine Zeit zu haben. Er muß sich darum kümmern, daß die Ärzte hierzulande besser für die Bedürfnisse der Pharma-Industrie ausgebildet werden! Technologiegläubig und ökologieablehnend (und das heute noch!) möchte er ja in erster Linie die Gentechnologie fördern.

Tierschutz und Menschenschutz

Vielleicht steht uns solcherart bald ein von einer Schimpansin geborenes Menschenbaby ins Haus (oder umgekehrt), oder ein schielendes Zuchtschwein mit Herzschwäche, dafür jedoch mit 6 Stelzen und 8 Schinken versehen (um den Fleischüberschuß noch mehr zu erhöhen und die Österreicher noch eher ihrem obligaten Herzinfarkt zuzuführen). Man kann daraus ersehen, wie weit sich unser Thema TIERSCHUTZ letzlich sogar in den MENSCHENSCHUTZ hineinverzweigen läßt (ganz zu schweigen von den Antibiotika, die das arme Mastschwein fressen muß, bevor es endlich erlöst wird)…

Zum Thema: Am 16.5. fand in Linz eine Groß-Demo aller österr. Tierversuchsgegner statt. Unser Engagement läßt nicht zu wünschen übrig, das der Politiker hingegen sehr.

Das Land Wien soll ein neues Tierschutz- und Tierhaltegesetz erhalten (per 1.1.88). Der „neue Geist in diesem Gesetz“ ist durchaus zu begrüßen. Die Tierversuche jedoch „sollen auf ein Mindestmaß reduziert werden“! Was heißt das, wer bestimmt dieses Mindestmaß, wo liegt die Höchstgrenze für dieses Mindestmaß ? Herr Bürgermeister Zilk, Sie kennen unsere Forderung: SOFORTIGER STOP ALLER TIERVERSUCHE! Der Begriff „Mindestmaß“ ist uns zu relativ!

Medizin ohne Tierversuche

Am 25.4. fand im Züricher Kongreßhaus ein Internationales Ärzte-Symposion „Medizin ohne Tierversuche“ statt, veranstaltet von der Aktionsgemeinschaft Schweizer Tierversuchsgegner. Die creme de la creme ernstzunehmender Wissenschaftler verschiedenster Länder sprach sich hier gegen die Tierversuche in der Medizin aus, vor deren Problematik, Irreführung und nicht zuletzt unmenschlicher Bestialität nicht mehr länger die Augen geschlossen werden dürfen. Ja, auch auf diesem Gebiet hinkt Österreich der Schweiz leider hinterdrein…

NICHT DIE MEDIZIN BRAUCHT DEN TIERVERSUCH, SONDERN DAS GESETZ – UND DIE HOCHHEILIGE PHARMA-INDUSTRIE!

Was ich mir wünsche und wovon ich träume: Minister Tuppy folgt meiner Einladung, sieht sich auf meinem (geliehenen) Video einen Tierversuchs-Film an und fällt dabei in Ohnmacht. Ein Angestellter der berüchtigten Tierquälerei-Firma lmmuno (berühmt geworden durch immer neue Schimpansenimporte trotz Artenschutzgesetz) erleidet eines Tages einen Anfall von Zivilcourage und packt aus! Daraufhin wird die Firma gesperrt und ihr wegen Tierquälerei der Prozeß gemacht. Die staatliche Tierversuchs-Zuchtanstalt, ein weiterer Schandfleck in der Landschaft österr. Wissenschaft und Forschung, wird ebenfalls geschlossen und ihr Leiter in Pension geschickt (ohne Orden). Doch aus meinen Träumen wieder erwacht, muß ich feststellen, daß auch von Seiten der katholischen Amtskirche keinerlei intelligente Stellungnahme zum Thema zu erwarten ist: Der Bioethik-Theologe im Vatikan erklärte, Gen-Manipulationen an Pflanzen und Tieren seien aus ethischer Sicht erlaubt, weil diese Lebewesen „dem Wohl des Menschen zur Verfügung stünden“. Das ist ungeheuerlich! //

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