257/366: Hainburg als Sternstunde des zivilen Ungehorsams. Ein Zwettler erinnert sich

Festschrift "Grünes Jubiläum Zwettl".
Festschrift „Grünes Jubiläum Zwettl“.

„Sich als Grüner zu outen war nicht einfach. Wenn jemand eine Karriere im Landesdienst (z.B. Lehrer) anstrebte, war grünes Engagement nicht erwünscht“, erinnert sich der Zwettler Förster und frühere grüne Bezirkssprecher Gerald Blaich. Hier sein Rückblick aus der Festschrift der Zwettler Grünen.


// Freda Meissner-Blau, die „Grande Dame“ der Grünen Bewegung, die ich schon vorher in Stift Zwettl kennen lernen durfte, nahm „mit denen, die das Sagen haben“ (einer ihrer beliebten Sätze), die Konfrontation auf. Freda, wie wir sie nannten, einigte die verschiedenen Strömungen und so konnten die Grünen 1986 zum ersten Mal ins Parlament einziehen. Von den Etablierten misstrauisch betrachtet bis verachtet, waren wir eine junge politische Bewegung, die endlich alles besser machen wollte. Für uns war klar: Alle Menschen sind gleich, leben in Frieden und Harmonie mit sich selbst und der Natur.

Waldsterben

Meine Motivation, den Umweltschutz voran zu bringen, waren meine Beobachtungen einer Umweltzerstörung in allen Bereichen. Als Förster engagierte ich mich als Vortragsreisender zum Thema Waldsterben. Später war ich im Kernteam bei der Gründung der Umweltberatung. Und schließlich gründeten wir die Anti-Atom-Plattform gegen das AKW Temelin. In meinem Forstrevier begann ich mit naturnahem Waldbau. Beim Landesbeauftragten für das Waldviertel, Adi Kastner, fand ich offene Ohren für die Waldpflege und so entstand nach intensivem Engagement ein neuer Beruf, der des Waldpflegers. Als der Bosnienkrieg (1992-1995) tobte, suchten wir leer stehende Wohnungen im Stift. Mehrere bosnische Flüchtlingsfamilien fanden hier ein neues zu Hause. Mit Erfolg suchten wir für einige von ihnen Arbeitsplätze. Ein Großteil dieser ehemaligen Asylanten sind heute gut integrierte österreichische Staatsbürger.

Aufstellen von  Plakatständern untersagt

Auf der grünen Landkarte war das Waldviertel einer der letzten „weißen Flecken“. Wir wurden von den Kremser Grünen besucht und ermuntert Parteistrukturen aufzubauen. Eine große Schwierigkeit war, genügend Unterstützungserklärungen vor Wahlen zu bekommen. Sich als Grüner zu outen war nicht einfach. Wenn jemand eine Karriere im Landesdienst (z.B. Lehrer) anstrebte, war grünes Engagement nicht erwünscht. Dass wir von den Etablierten sehr weit links stehend wahrgenommen wurden, kam uns nicht wirklich in den Sinn. Wir waren schließlich die Guten. „Wos brauch ma de Grean“ hörten wir öfters. Auch das Aufstellen von  Plakatständern auf dem Hauptplatz wurde uns untersagt. Ich sehe noch Bruno Gorsky vor dem Cafe Hausleitner als „Sandwich“ auf und ab spazieren. Er hatte sich vorne und hinten eine große Tafel mit unseren Botschaften umgehängt und erregte damit Aufmerksamkeit.

Einige wichtige Daten möchte ich hier anführen: 18.9.1999: Grüne Naturschutzkampagne. Bereits damals wurde vor der Umfahrung Zwettl gewarnt! 1.2.2002: Eröffnung eines Regionalbüros der Grünen in Zwettl. Juhuu! Endlich! In den Jahren, in denen das Bürgerforum kandidierte, haben wir auf Gemeindeebene keine Grüne Liste aufgestellt, um die wenigen Wähler nicht zu spalten. Am 21.1.2001 bin ich als erster grüner Bezirkssprecher zurückgetreten und Andreas Piringer wurde zum Nachfolger gewählt.

Ausbeutung der Erde

Es ehrt uns, dass wir uns für gesellschaftliche Randgruppen einsetzen. Von vielen werden wir für die starke Zuwanderung und damit verbundener Überfremdung und Integrationsprobleme verantwortlich gemacht. Obwohl wir nie in Regierungsverantwortung waren, werden wir als Einwanderungspartei gesehen. Alle unsere wichtigen Errungenschaften wie Gleichberechtigung von Frau und Mann, gleichgeschlechtliche Beziehungen, Zurückdrängung von Rassismus, Religionsfreiheit, etc. nützen uns nichts, wenn wir nicht die Ausbeutung der Erde und die Bevölkerungsexplosion in den Griff bekommen. Deshalb meine ich, sich mehr an die Anfänge in der Hainburger Au zu erinnern. Nämlich Umweltschutz und Ökologie in den Vordergrund zu stellen, über alle Ideologien hinausgehend. Nicht links, nicht rechts, sondern vorne: Dort liegen die Lösungen der Zukunft. //


Festschrift zum Download: 102-festschrift-25-jahre-buergerforum-zwettl (PDF, 4 MB); Bilder vom Geburtstagfest: bezirkzwettl.gruene.at/geburtstagsfest

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