337/366: Gedanken für ein Gerippe eines ALÖ-Programms

Das "Gerippe" eines Programms erschien im Alternativenrundbrief vom 23. April 1982.
Das „Gerippe“ eines Programms erschien im Alternativenrundbrief vom 23. April 1982.

Die „Gedanken für ein Gerippe eines ALÖ-Programms“ basieren auf einem Konzept von Gerhard Geißler und wurden von Dan Jakubowicz, Manfred Stein und einigen anderen erweitert. Der Entwurf solle als „Anstoß zu einer Programmdiskussion in der Regionalgruppe Wien und evtl. den anderen Regionalgruppen“ dienen. Veröffentlicht wurde das Papier im Alternativenrundbrief vom 23. April 1982.


1. Wirtschaftspolitik

1.1. Befriedigung statt Erzeugung von Bedürfnissen

1.2. Solidarische Aufteilung der benötigten Arbeitszeit ; Schaffung von Arbeitsplätzen durch Arbeitszeitverkürzung (auch ohne vollen Lohnausgleich), Förderung der Teilzeitarbeit (z.B. Jobsharing) sowie Umweltschutzmaßnahmen

1.3. Wiederherstellung der Stoffkreisläufe durch Wiederverwendung von Altmaterial und umweltverträgliche Abfallwirtschaft

1.4. Einschränkung der Werbung ; Werbeverbot für ökologisch oder sozial schädliche Prod.

1.5. Förderung der Umstellung von Betrieben auf erwünschte Produkte, menschengerechte Produktionsabläufe und zunehmende Arbeitnehmermitbestimmung durch steuerliche Maßnahmen

1.6. Arbeitskollektive in Selbstverwaltung in dichtverbauten Gebieten und am Stadtrand : Nachbarschaftshilfe, Nahversorgung, Alten- und Kinderservice, Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit

1.7. Alternativen im Bankwesen (Modell „Bank für Gemeinwirtschaft Bochum“): Mitbestimmung der Einleger an zu finanzierenden Projekten

2. Umweltschutz

2.1. Schaffung strengerer Bestimmungen zum Schutz vor Wasser-und Luftverschmutzung, Lärm und Strahlung (Verursacherprinzip)

2.2. Haftstrafen für Verantwortliche von Unternehmen, die dagegen verstoßen

2.3. Klagerecht für die betroffene Bevölkerung sowie für Umweltschutzorganisationen und Bürgerinitiativen ; Übernahme der Prozeßkosten dieser Gruppen durch den Staat

2.4. Gutachterverfahren mit von den Betroffenen selbst ausgewählten Fachleuten

2.5. Importverbote für Produkte, die im Ausland unter in Ö verbotenen Bedingungen hergestellt werden

3. Naturschutz

3.1. Wiedergewinnung und naturnahe Gestaltung von Grünflächen in Ballungsräumen, Wiederherstellung von sich selbst tragenden Biotopen

3.2. Vorausschauender Schutz von Naturgebieten (v.a. Feuchtgebieten)

3.3. Tierversuche nur für unumgängliche medizinische, nicht für kosmetische Zwecke

3.4. Verbot des Handels mit gefährdeten Tier- u. Pflanzenarten

4. Sozialpolitik

4.1. Zunehmende Einkommensgerechtigkeit, Bewertung der Qualität der Arbeit

4.2. Ausdehnung der Sozialversicherung auf alle in Ö lebenden Personen sowie deren Vereinheitlichung ; Einführung des Verursacherprinzips durch höhere Beiträge für Personen, die ihre Gesundheit stärker gefährden (Raucher, Trinker etc.)

4.3. Arbeitslosenunterstützung ohne zeitliche Begrenzung, auch für Jugendliche, die noch nirgends beschäftigt waren

4.4. Keinerlei Diskriminierung rassischer, religiöser oder sonstiger Minderheiten

4.5. Verstärkte Maßnahmen zur Integration Behinderter

5. Frieden

5.1. Schrittweise Umstellung der öst. Waffenproduzenten auf Zivilgüter; Waffenexportverbot

5.2. Statt Zivildienst echter Friedensdienst ; freie Wählmögl.ohne Gewissenskommission

5.3. Statt herkömmlicher „Entwicklungshilfe“ Hilfe zur Selbsthilfe für die Länder der 3. Welt nach deren eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen ; Eintreten für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung

5.4. Verbot der Herstellung, der Einfuhr und des Verkaufs von Kriegsspielzeug, -literatur, -filmen etc., wenn sie Krieg oder Gewalt verherrlichen (Aggressionspornografie)

5.5. Außenpolitische Maßnahmen für allgemeine Abrüstung

6. Energie

6.1. Keine AKWs in Ö, Abbruch des AKW Zwentendorf

6.2. Maßnahmen gegen AKWs an Ö’s Grenzen

6.3. Entschwefelungsanlagen bei kalor. Kraftwerken nach dem letzten Stand der Technik

6.4. Kraft-Wärme-Kupplung bei Kraftwerken

6.5. Förderung aller Energiesparmaßnahmen, besserer Energienutzung u. Alternativenergien

6.6. Kleinwasserkraftwerke statt umweltzerstörender Großprojekte

6.7. Keine Herstellung von Aludosen in Ö, Beschränkung des Import durch hohe Abgaben

6.8. Zum Sparen anregende Tarifgestaltung : statt Grundtarif progressiver Stromtarif)

6.9. Keine weitere Steigerung des öst.Gesamtenergieverbrauchs

7. Raumplanung und Verkehrspolitik

7.1. Statt Verkehrsbewältigung Verhinderung von Verkehrserzeugung : Integration von Wohn- u. Arbeitsbereich, menschenfreundliche Städte (weniger Ausflüge), Reduktion verkehrserzeugender Zentren (z.B. Supermärkte am Stadtrand)

7.2. Wohn- und Grünstraßen im ganzen Stadtgebiet (zusammenhängende Netze)

7.3. Ausbau der Radwegenetze

7.4. Förderung und Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu stark gesenkten Preisen

7.5. Nicht der Besitz, sondern die Benützung des Autos soll verringert werden Abschaffung von Kfz-steuer, -versicherungen und -pauschale und Aufrechnung auf den gefahrenen Kilometer oder auf den Benzinpreis

7.6. Strenge Kontrolle der Lärmschutzbestimmungen

7.7. Bei Neu-oder Ausbau einer Straße müssen alle Anrainer zustimmen

8. Wohnen

8.1. Ausschaltung des Makler-und Vermittlerunwesens durch kostenlose staatliche Wohnungsvermittlung

8.2. Objektive Vergabe von Gemeindewohnungen

8.3. Einrichtung eines Grundstücksausgleichsfonds bei Umwidmungen von Grün- in Bauland und umgekehrt zur Vermeidung von Spekulation

8.4. Vorkaufsrecht der Mieter bei geplantem Abriß von Wohnhäusern

8.5. Einbeziehung aller Bewohner bei der Planung von Wohnbauanlagen

8.6. Weitergaberecht für alle Wohnungen zur Verhinderung von Ablösen

8.7. Schrittweise Umwandlung aller Wohnungen an stark befahrenen Straßen in Büros, Lagerräume usw.; Verbot der Neuvermietung als Wohnraum, Verbot des Neubaus von Wohnanlagen

8.8. Aufhebung der Quadratmeterobergrenze für gebundene Mietzinse (Benachteiligung von kinderreichen Familien und Wohngemeinschaften)

8.9. Berücksichtigung baubiologischer und Energiespar-Erkenntnisse beim Bau jedes Hauses

9. Ökologische Landwirtschaft

9.1. Schrittweise Umstellung der gesamten Landwirtschaft in Richtung auf Verzicht auf chem. Pflanzenschutzmittel u. Kunstdünger ; Propagierung u. Förderg. biol. Methoden

9.2. Offizielles Gütesiegel für Produkte aus biol. Landbau

9.3. Verbot der Massentierhaltung u. d. Tieraufzucht unter tierquälerischen Bedingungen

9.4. Keine Zusatzstoffe im Tierfutter, keine Injektionen (Antibiotika, Hormone)

9.5. Kostendeckende Preise in der gesamten Landwirtschaft

9.6. Bezahlung der landschaftspflegenden Tätigkeit der Bergbauern

9.7. Kontrolle importierter Lebensmittel auf Giftrückstände

10. Partnerschaft, Familie, Kinder

10.1. Keinerlei Diskriminierung von Frau oder Mann durch einseitige Rollenverteilung, ungleiche Bezahlung und ungleiche Chancen

10.2. Einführung eines Elterngehalts für den Elternteil, der bei den Kindern daheim bleibt (mit Pensionsanspruch)

10.3. Sanfte Geburt und rooming-in in allen Spitälern

10.4. Förderung der Brustnahrung, Werbeverbot für Flaschennahrung

10.5. Bei Spitalsaufenthalt eines Kindes darf ein Elternteil mit (auf Kasse)

10.6. Subventionierung von Privat- u. Alternativkindergärten u. -schulen in der Höhe, in der der Staat sich Ausgaben spart

10.7. Aufrechterhaltung einer Vielfalt von Kindergarten- u. Schultypen

10.8. Beibehaltung der Fristenlösung, aber finanzielle Unterstützung für Eltern, die ihr Kind gleich nach der Geburt zur Adoption freigeben; kostenlose Verhütungsmittel und Abtreibung

10.9. Leichtere Adoptionsmöglichkeiten

10.10. Förderung von Personen, die Alternativen zur Kleinfamilie erproben wollen (Mehrgenerationenfamilie, Wohngemeinschaft)

11. Gesundheitspolitik

11.1. Primärvorsorge durch Umweltschutz im Vordergrund

11.2. Dichteres medizinisches Versorgungsnetz auf dem Land

11.3. Verbesserung der ambulanten psychosozialen Versorgung, Hilfe zur Selbsthilfe

11.4. Freie Wahl des Patienten zwischen den traditionellen chemisch-chirurgischen sowie alternativen Heilverfahren auf Krankenschein

11.5. Verstärkte Gesundheitserziehung in den Schulen

12. Kulturpolitik

12.1. Verstärkte Förderung von „Graswurzelaktivitäten“ und „Basiskultur“, nicht nur der „Hochkultur“

12.2. Kulturerziehung aller Jugendlichen (nicht nur in der AHS)

12.3. Förderung von eigener Kreativität und Spontaneität statt nur passiver Rezeption

13. Demokratie und Mitbestimmung

13.1. Basisdemokratischer Aufbau der AL ; für alle Mitglieder offene Veranstaltungen, permanente Abwählbarkeit der Funktionsträger, Rotationsprinzip

13.2. Einführung einer vom Volk veranlaßten (z.B.100 000 Unterschriften), verbindlichen Volksabstimmung

13.3. Diskussion mit den Betroffenen vor allen Entscheidungen

13.4. Einsichtsrecht der Bürger in alle Gesetzesentwürfe, Planungen usw.

13.5. Verbot der Ausübung mehrerer politischer Ämter und der Kombination von politischen und wirtschaftlichen Ämtern

13.6. Festsetzung der Politikergehälter etwa in der Höhe des öst. Durchschnittseinkommens, Verbot von bezahlten Nebenbeschäftigungen

13.7. Einklagbarkeit von Politikerversprechen

14. Selbstkritik

Ihr werdet sicher bemerkt haben, daß uns zu etlichen Abschnitten nichts Überwältigendes eingefallen ist ; dieser Entwurf ist das Ergebnis unseres „Muts zur Lücke“. Vielleicht kann er aber doch als Denkanstoß dafür dienen, wie ein Programm etwa aussehen könnte (oder wie es nicht aussehen sollte). Er ist unser Privatvorschlag (nicht der der ALÖ/Wien).

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